“Meinst du, ich brauche eine von diesen Kevlar Westen?” fragte sie.

"Niemand wird auf Dich schiessen.“

"Ellbogen. Einige haben wirklich spitze Ellbogen.“

"Glaub ich nicht,“ sagte ich.

"Knie?“

"Eine kugelsichere Weste wird dir dort nicht helfen.“

"Was ist mit Handschuhen?“

"Damit kannst du nicht in Stoffen wühlen.“

"Dann, glaube ich, bin ich fertig. Bist du bereit?“

"Ja,“ sagte ich und wir begannen unsere Fahrt zum Stoffgeschäft, das seinen alljährlichen "Urlaubsausverkauf“ machte. Sie hatte ihre Stoffliste in der Hand. Da so ziemlich alles in diesem Ausverkauf angeboten wurde, war ihr Einkaufszettel sehr umfangreich.

"Wenn ich mehr als zehn finde, musst du mir helfen.“

"Was?“ Ich fragte, während ich auf den Parkplatz fuhr. Jede Menge Autos füllten bereits den Platz, es waren noch fünf Minuten bis zur Öffnung.

"Es gibt ein Limit von zehn Teilen für den Ausverkauf. Falls ich mehr finde, musst du sie für mich mit zur Kasse nehmen.“

"Ist das nicht Betrug?“ fragte ich.

"Natürlich nicht. Das sind zehn Teile pro Kunde. Und du bist ein Kunde.“

"Dann muss ich in der Schlange warten. Du weißt, wie ich das hasse. Da werden zehntausend Leute in der Schlange stehen.“

"Halt nur den Stoff, so fest wie du kannst.“

"Glaubst du, jemand wird ihn mir wegnehmen?“

"Nur wenn sie meinen, das du eine schwacher Mensch bist.“

"Ein Stoffschwächling?“ fragte ich.

"Du musst hart sein. Heute ist der erste Ausverkauf nach Thanksgiving. Es ist der größte Ausverkaufstag. Erinnerst du dich an den letzten großen Ausverkauf, auf dem wir waren?“

"Das war ein scheußlicherTag,“ erinnerte ich mich. "Nun, heute wird es nicht so. Wir gehen nur hinein, nehmen alles, was wir kriegen können und gehen wieder. Vermeide nur die verstopften Gänge. Wenn wir an der Seite an der Handarbeitsabteilung vorbeigehen und zurück zu den Nähmaschinen und an den Büchern und Zeitungen vorbei, können wir die Stoffregale erreichen, während alle anderen noch in den Gängen feststecken.“

"Du hast das alles ausgearbeitet, oder?“

Sie lächelte. "Menschen, die quilten, wissen, wie man plant,“ sagte sie.

"So wie die Planung eines Quilts?“

"Genau,“ sagte sie, aber sie warf mir diesen besonderen Blick zu.

Vor dem Eingang standen zwei Männer in dunklen Anzügen und mit schwarzen Hüten. "Wer sind sie?“ fragte ich meine Frau. Sie schüttelte den Kopf.

"Das weiss ich nicht. Vielleicht quilten sie.“

"Das sind Bodyguards,“ flüsterte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich vorsichtig um. "Diese Frau da vorne,“ sagte die Stimme. "Sie benötigt Schutz. Beim letzten Mal wurde sie im Gedränge niedergetrampelt.“

Ich sah mich um, aber ich konnte keine Frau sehen, die Schutz benötigt hätte. Trotz allem, es war doch nur ein Ausverkauf. Trotzdem stellte ich mich eng neben meine Frau. "So, bist du bereit, hineinzugehen?“ fragte ich. Ich war stolz auf meinen kleinen Krieger. Ich würde ihr Bodyguard sein.

"Fertig.“

Wir gingen hinein. Wir folgten ihrem Plan, lösten uns von der Welle der Kunden, die geradewegs dem Hauptgang folgten und eine undurchdringliche Mauer für alle hinter ihnen bildeten. Wir flitzten durch die Handarbeitsabteilung, wichen einigen verstreuten Frauen aus und kamen zu den Stoffen. Es war ein Deja-vu. Ich war schon früher hier gewesen. Mir schauderte, als ich an den letzten großen Ausverkauf dachte. Aber ich holte tief Atem und bezog Stellung um die Schlange vor meinem "Darling Wife“ abzublocken. Sie stürmte zuerst auf die Batikstoffe los.

"Passen sie doch auf,“ sagte eine Frau, als sie gegen mich stieß. Ein Mann, der bei ihr war, drehte sich um und brachte sich hinter der Auslage mit den Weihnachtsdekorationen in Sicherheit. Er glaubte sich in Sicherheit, aber eine Millionen Menschen drängten gegen die Weihnachtssachen. An diesem Tag war niemand sicher.

"Entschuldigung,“ sagte ich zu der Frau.

Sie schenkte meiner Entschuldigung keine Beachtung, aber sie stieß mich mit ihrem Ellbogen. "Oof,“ sagte ich, als ich ihren Ellbogen spürte. Vielleicht hatte meine Frau doch Recht mit der Vermutung, dass man eine kugelsichere Weste bräuchte.

"Was machen sie in diesem Geschäft?“ fragte mich eine verdutzte Frau. Sie hielt eine meterlange Liste in der Hand und war weg ehe ich erklären konnte was ein alter Mann an einem Ausverkaufstag in einem Stoffgeschäft machte. Oder an jedem anderen Tag. Würde sie überhaupt verstehen, wie es war, mit einer Quiltfanatikerin verheiratet zu sein – oder sollte ich besser auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren?

"Autsch!“ kreischte eine Frau als sie sich ihre Finger in einer Schublade klemmte, die zugeschlagen wurde, weil eine andere Frau die Schublade darunter aufzog.

"Dieser Muslin gehört mir,“ sagte eine Frau, während sie den Stoff einer anderen Frau aus der Hand riss.

"Soll ich zwei oder doch besser drei Meter nehmen?“ fragte mich ein offensichtlicher Stoffaholic. Sah ich wirklich so aus wie jemand, der das wusste?

"Das kommt auf den Quilt an,“ sagte ich. "Manche Quilts sind klein. Andere sind gross.“

"Machen sie den Weg frei! Ich komme!“ schrie eine andere Frau, während sie versuchte sich aus dem Knäuel von quietschenden und zappelnden Quilt-Enthusiasten zu lösen. Schließlich, inmitten einer Menge von schiebenden und stoßenden und stöhnenden und zeternden Menschen hatte sie sich fast in die Freiheit durchgekämpft. Sie schob einen Wagen voll mit Stoffen, aber sie kam nicht weiter. Die Menschenmenge schloss sich wieder um sie und tausend Hände grabschten in die Stoffe in ihrem Wagen und in einem Moment wurde sie mit leeren Händen zurückgelassen. Ich wandte mich ab. Ich wollte sie nicht weinen sehen.

"Arme Frau,“ sagte ich.

"Bedauern sie sie nicht,“ sagte eine stämmige Stimme. Ich drehte mich zu einer großen Frau um, die einige der geklauten Beutestücke festhielt. "Sie hat bekommen, was sie verdient. Sie war gestern hier und hat alle diese Sachen unter einigen Resten hinten im Laden versteckt. Sie hat betrogen.“

Das hier war Krieg, das wusste ich jetzt. Ich bekam Angst um meine Frau. Ich konnte sie nicht sehen. Aber sehr bald merkte ich, dass ich nicht beunruhigt sein musste. Hatte ich das nicht schon immer gewusst?

"Hah!“ hörte ich durch den Aufruhr der Menge, die sich jetzt um die Tische drängte und das war ein gutes Geräusch. Das war der Erfolgsschrei meines "Darling Wifes“.

Ich hatte keine Ahnung, wie sie das gemacht hatte, aber als hätte Moses seine Finger im Spiel teilte sich das Meer von Frauen, das sie umgab und da kam sie, mein Held. Sie war ein bisschen außer Atem, ein bisschen zerzaust, aber ansonsten unversehrt. Und sie hielt ihren eigenen Korb voll mit Stoffen und Zubehör eng an sich gedrückt, die Arme um den Korb geschlungen.

"Nimm zehn,“ sagte sie und ich entspannte mich, aber dann begriff ich, dass sie nicht von einer Pause sprach. Ich nahm zehn Teile aus ihrem Korb. Sie hielt die anderen zehn fest.

"Das hat Spaß gemacht,“ sagte sie, während sie mich zu den Zuschneidetischen lotste und dann zur Kasse.

"Ja, lustig!!!“ sagte ich. Natürlich. Immerhin lebte sie noch.

"Du hast Geld dafür, oder?“ fragte sie, als wir uns an der Kasse anstellten.

"Ja, ich habe Geld dafür,“ antwortete ich. Ich musste sie nicht zur Notaufnahme fahren. Ich musste nicht für Medikamente und Bandagen bezahlen. Ja, natürlich hatte ich Geld für sie.


Aus dem Englischen übersetzt von Angelika Volkenandt mit Erlaubnis des Autors A.B. Silver, Copyright 2000 by A.B. Silver, jegliche Reproduktion oder Weitergabe ohne Genehmigung des Autors A.B. Silver ist verboten.